LEICHLINGEN braucht eine längerfristig angelegte Strategie

cropped-logo_1400.pngVon Lothar Esser

Die Stadt Leichlingen steht vor der großen Herausforderung, perspektivisch einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Wie so viele andere Kommunen kämpft auch Leichlingen mit einer ständigen Unterfinanzierung des Haushalts. Der Zwang zu ungewollten Sparmaßnahmen, um Haushaltssicherungskonzepte und den drohenden Verlust des gesamten Eigenkapitals zu vermeiden, belastet zunehmend auch die Substanz der bestehenden Infrastruktur, die bislang ein großer Trumpf dieser Stadt ist. Vorhandene Sanierungsstaus und ständige Verschiebungen von Baumaßnahmen sind ein untrügliches Zeichen von fehlender Finanzkraft. Doch welche Handlungsoptionen bieten sich einer Kommune wie Leichlingen für die Sanierung des Haushaltes?

Die Antwort ist so simpel wie komplex:  Ausgabenkürzungen und Einnahmenerhöhungen.

Kürzung der Ausgaben ohne Qualitätsverlust

Ausgabenkürzungen sind immer ein wichtiger Bestandteil bei der Sanierung von Haushalten. Die Konzentration der Kommunen auf ihre Kernaufgaben und auf das Wesentliche und Notwendige sind erste Maßnahmen, um die Konsolidierung des Haushaltes voranzutreiben. Und wenn wie in Leichlingen fast 30 % des Haushaltes nur für das Personal verwendet werden, geraten auch diese Kosten zwangsläufig in den Blickwinkel des Sparens. Doch wie können Einsparungen vorgenommen werden, ohne dass gleich damit auch ein Qualitätsverlust einhergeht? Eine Steigerung der Effizienz innerhalb der Verwaltungsaufgaben, interkommunale Zusammenarbeit sowie die Privatisierung bestimmter Aufgabenbereiche sind Möglichkeiten, die Ausgaben zu senken. Gerade im Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit  bestehen hohe Einsparpotenziale zum Beispiel durch gemeinsame Nutzung und Bewirtschaftung von Einrichtungen im Bildungsbereich, der  Sportstätten und der Betriebshöfe.

Viele Kommunen schieben notwendige Investitionen zur Sanierung und Erhaltung der Substanz immer weiter vor sich her. Um diesen Sanierungsstau aufzulösen bietet sich die Einbindung von privatem Kapital und Know How an für öffentliche Aufgaben. Dies geschieht durch Eingehen sogenannter Öffentliche private Partnerschaften (ÖPP), auch Public Private Partnership (PPP) genannt. Die Sanierung öffentlicher Gebäude und Einrichtungen und deren anschließende Bewirtschaftung können zum Beispiel durch die Bildung einer solchen ÖPP oder PPP schneller, effizienter und somit wirtschaftlicher vorangetrieben werden. Sie tragen damit bei zu Einsparungen und zu besser kalkulierbaren Haushaltsansätzen, ohne dabei an Qualität einzubüßen. Ein Modell, das schon in vielen Kommunen für vielfältige Aufgaben und Projekte im Bereich der Gesundheit, Bildung und Kultur und Verwaltung zur Anwendung kommt.

Erhöhung der Einnahmen durch Mehrbelastung der Bürger und Unternehmen

Die Erhöhung der Einnahmen ist ein weiterer Weg, der zur Konsolidierung der Haushalte beschritten wird. Kommunen finanzieren sich im Wesentlichen aus Abgaben und Gebühren sowie aus Steuereinnahmen. Während die Gebühren und Abgaben meist direkt von den Kommunen in ihrer Höhe beeinflusst werden können, ist die direkte Einflussnahme auf die Höhe der Steuereinnahmen nur sehr eingeschränkt möglich. Lediglich bei der Grundsteuer und der Gewerbesteuer kann die Kommune durch Veränderung des Hebesatzes die Höhe der Steuer und damit die Einnahmen bestimmen. Doch die Erhöhung von Gebühren und Abgaben sowie der Grundsteuer und Gewerbesteuer führen allerdings zu einer direkten Mehrbelastung von Bürgern und Unternehmen. Ein Faktum, das auf Ablehnung der Freien Demokraten stößt und folgerichtig auch zu unserer Ablehnung des Haushaltsplanentwurfs 2013 der Stadt Leichlingen führte.

Erhöhung der Einnahmen ohne Mehrbelastung der Bürger und Unternehmen

Einnahmen können aber auch erhöht werden, ohne dass es gleich zu einer Mehrbelastung von Bürgern und Unternehmen führt.  Stellschrauben sind dabei nicht die Steuersätze, sondern die Menge der Steuerzahler. Werden die Rahmenbedingungen für Bürger und Unternehmen oder die Ausgangsparameter für die Zuweisung von Steuereinnahmen verändert, verändern sich auch die Steuereinnahmen. Die Nachbarkommunen Langenfeld und Monheim sind dafür ein bestes Beispiel. Während die Stadt Langenfeld schon seit vielen Jahren mit sehr guten Rahmenbedingungen erfolgreich die Ansiedlung von Unternehmen betreibt und somit die Gewerbesteuereinnahmen vervielfacht hat, hat die Stadt Monheim eine drastische Senkung der Hebesätze für die Gewerbesteuer eingeführt. Diese äußerst attraktiven Rahmenbedingungen haben dann viele Unternehmen bewogen, sich auf Grund der geringeren Steuerlast In Monheim anzusiedeln. Die Verantwortlichen von Monheim haben sich also eine einfache marktwirtschaftliche Grundsatzfunktion zu Nutze gemacht, die besagt, mit abnehmendem Preis (in dem Falle der Gewerbesteuerhebesatz) wird die Nachfrage (nach Gewerbegrundstücken) zunehmen. Diese Strategie hat sich als sehr erfolgreich erwiesen und mittlerweile zu einem gewaltigen Haushaltsüberschuss geführt.

Ein entscheidender Faktor bei der Verbreiterung der Einnahmenbasis durch Ansiedlung von Gewerbe in Leichlingen stellt auch die Innenstadtentwicklung dar. Die seit Jahren anhaltende Abwanderung der Kaufkraft kann (und muss) mit einer adäquaten Vergrößerung des Einzelhandelangebots  gestoppt  und wieder in einen zunehmenden Verbleib der Kaufkraft in Leichlingen umgekehrt werden. Der ausschließliche Neubau eines Gebäudes nur für einen Vollsortimenter ist völlig unzureichend für eine nachhaltige positive Entwicklung der Innenstadt und demzufolge für den Erhalt der Infrastruktur.

Eine Verbreiterung der Basis für Einnahmen trifft aber nicht nur auf die Anzahl und Ansiedlung von Unternehmen zu, sondern auch auf die Anzahl der Bürger bzw. Einwohner. Je höher die Einwohnerzahl, desto höher sind auch die Schlüsselzuweisungen durch das Land und somit ein Mehr an Steuereinnahmen. Allerdings bedeutet ein Mehr an Bürgern auch einen höheren Nutzungsgrad der bestehenden Infrastruktur. Der positive Einnahmeeffekt wirkt sich deshalb nur so lange aus, wie die bestehende Infrastruktur ein Mehr an Bürgern verkraften kann und nicht erweitert werden muss. Eine Erweiterung der Infrastruktur bewirkt zwangsläufig wieder zusätzliche Ausgaben und kann den Mehreffekt schnell wieder in einen Weniger Effekt umkehren.

Demografischer Effekt auf die Ausgaben und Einnahmen

Dem Schuldenabbau und einer nachhaltigen Haushaltspolitik müssen unbedingt Vorrang erteilt werden. Hierbei ist es außerordentlich wichtig, dass zukünftige Generationen nicht durch Einrichtungen, Verwaltungs- und Infrastrukturen belastet werden, deren Finanzierung und Tragfähigkeit in Zukunft aufgrund erheblich sinkender Einwohner- oder rückläufiger Nutzerzahlen (wie z. B. Schüler) nicht mehr gewährleistet werden kann. Die allgemein alternde Bevölkerung sowie das Sinken der Einwohnerzahlen verursachen einerseits Verschiebungen des Bedarfes, andererseits erfordern sie aber auch eine Reduzierung des Angebotes an bestimmter Infrastruktur. Beides hat unmittelbare Auswirkungen auf die Ausgaben und es bedarf  frühzeitiger Anpassungen. Je früher also der Blickwinkel auf die demografischen Auswirkungen gelenkt wird, desto geringer werden die sogenannten Ausgabenremanenzeffekte sein. Ausgabenremanenzen treten in nahezu allen Infrastrukturbereichen auf und können z. B. durch den Rückbau von Infrastrukturen oder durch die vollständige Schließung von Einrichtungen bewältigt werden. In der gegenwärtigen Diskussion um die Sanierung von Schul- und Sportinfrastruktur ist es deshalb besonders wichtig, die zukünftigen Auswirkungen der Demografie richtig einzuschätzen.

FAZIT – Erhalt und Ausbau einer gut funktionierenden Infrastruktur gibt es nicht zum Nulltarif

Ein breites Schulangebot, moderne Sportstätten, Schwimmbad, Bücherei und Kulturstätten, aber auch viele Serviceleistungen der Verwaltung verursachen hohe Kosten. Gerade die sogenannten freiwilligen Leistungen einer Kommune stehen in Zeiten knapper Kassen in erster Linie auf dem Prüfstand. Eine höhere Beteiligung der Bürger an den Ausgaben durch zusätzliche Gebühren oder Abgaben, aber auch eine Einschränkung der Leistungen sind mögliche Folgen. Eine Beteiligung  der Bürger an der Infrastruktur durch Bildung von Bürgerfonds oder ähnliches sind mögliche Denkmodelle, die Folgen abzumildern. Aber auch Schließungen oder Einstellungen sind mögliche Varianten, wenn der Bürger die Einrichtungen mit einer höheren Kostenbeteiligung nicht mehr akzeptiert. In diesem Fall sollte der Bürger aber in die Entscheidung einbezogen werden.

Eine ausgewogene und auf längere Sicht ausgelegte Strategie ist zwingend erforderlich, um die Herausforderungen der knappen Haushalte zu bewältigen. Eine Strategie mit notwendigen Kürzungen von Ausgaben, aber auch mit Erhöhungen der Einnahmen durch eine kluge Verbreiterung der Einnahmenbasis. Der Bürger muss über die Maßnahmen und deren Auswirkungen umfassend informiert und im Einzelfalle in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Wer grundsätzlich gegen den Zuzug von neuen Bürgern und gegen die Ansiedlung von Gewerbe ist, verwehrt der Kommune zwingend notwendige Einnahmen. Einnahmen, ohne die die Infrastruktur auf dem gegenwärtigen Niveau nicht mehr zu finanzieren und zu erhalten ist.

Leichlingen, 07.04.2013

Lothar Esser

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